ANN-MARIE FINDET NEUEN LEBENSMUT

Mir ist schon bewusst, dass du wenig Zeit hast und ich so frech bin, dir davon jetzt auch noch einen Teil zu stehlen. Aber so egoistisch bin ich jetzt nun mal. Es muss einfach gesagt werden.

Als ich dir von meinem Leidensweg erzählte, die fünf Versuche, mich für immer zu verabschieden, die Psychopharmaka, die Qual der nicht greifenden Therapien, die Depressionen und die Phasen dazwischen, wo man sich dahinschleppt und hofft, das möge jetzt so bleiben, da sagtest du auf eine Weise, die ich nie wieder vergessen werde, etwas so Kraftvolles. Es hallt immer noch nach.

Weißt du, ich habe mich noch nie so tief verstanden, so liebevoll abgeholt, so klar zurechtgerückt, so grundlegend umgewälzt gefühlt, wie bei dir. Es war vom ersten Augenblick an da. Es lag an dir. Da ist etwas, das du aussendest oder berührst, das einem das unmittelbare Gefühl gibt „Der sieht in meine Seele, ohne mit der Wimper zu zucken und will als einziger nichts darin verurteilen!“. Es war so angenehm, dir zuzuhören. Deine magische Stimme, die tiefe, tiefe Entspannung. Wie Urlaub vom Dasein. Wie ein Ankommen nach dem Sturm.

Ich hatte so viel hinter mir. Habe mich aber immer nur von allen, die mir helfen wollten, gequält gefühlt. Die wollten etwas von mir. Du wolltest nichts. Vielmehr hast du mich angenommen und mir als erster (und mir seltsam vertrauter) Mensch aufrichtig das Gefühl genommen, anders sein zu müssen als ich bin. Was auch immer ich dir erzählte, du gabst ohne viel Aufhebens deine Zustimmung zu meinem Verrücktsein.

Das einzige, was dir wichtig war, schien die Frage, was ich wirklich-wirklich will. Die kam immer wieder von dir. Das hat zuvor in keiner Behandlung jemals einer gefragt. Vielmehr sagte man mir, wie man mich haben möchte, was ich einzunehmen hatte, was ich nicht mehr tun dürfe, wovor ich mich hüten müsste usw.
Und überall hörte ich zwischen den Zeilen die Seiten aus Universitätslehrgängen und das war wie Ohrfeigen aus Papier, weil in mir immer wieder die Frage hoch wollte: „Wer hat hier einen an der Klatsche, na?“

Ich konnte nicht sofort fassen, was sich alles verändert hat durch das, was du mit mir angestellt hast. Bis heute bin ich nicht ganz sicher, woher und wie und warum sich da so schnell so vieles gebessert hat. Aber das hast du ja eh erklärt. Das fand ich auch super schön. Du hast immer erklärt, was du machst und womit es zusammenhängt und warum du es tust. Außer in den Momenten, wo ich ganz tief weggeglitten bin, da weiß ich nicht mehr, was alles gesagt wurde. Es war einfach nur schön, nicht mehr die Last zu tragen und zu wissen, aus mir heraus wird alles kommen…

In jedem Falle kann ich dir nicht genug danken. Was du fertiggebracht hast, daran hatten sich andere jahrelang die Zähne ausgebissen. Schon von daher muss ich sagen, dass du sicherlich der Beste bist, den man kriegen kann. Da hatten die Leute, von denen ich die Berichte gelesen habe, total recht.

Was ich dir eigentlich sagen wollte: Es geht mir gut! Es geht mir das erste Mal seit Jahren wieder richtig gut. Ich fühle mich leicht und der dunkle Wolf in mir hat zu schweigen begonnen. Du hattest so recht. Ich wollte nie sterben. Ich wollte nur einfach laut schreien, mit den stillen Versuchen, mich aus der Welt zu stehlen. Heute bin ich so froh, geblieben zu sein. Ja, ich lebe. Endlich wieder. Mit Blick in die Zukunft.

Ob ich stärker geworden bin? Ja. Ob ich noch Pillen nehme? Nein. Ob ich nochmal nach dem Notausgang greife? Nein. Denn wie du sagtest: „Freiheit heißt, dass man gehen kann, wenn man will. Aber es bedeutet auch, dass man bleiben kann, wenn man will.“

Ich habe Letzteres entschieden. Und das war nicht klar, bevor ich mich für dich entschieden hatte.
Bitte, wenn du dich traust, dann share das mit anderen. Vielleicht rettet es Leben.

Danke, Dave. Meine Seele umarmt dich. Du bist wunderbar und der Beste, den man kriegen kann.

Ann-Marie K.